Cannabis und Strassenverkehr

14.10.2021

Fahren unter Cannabiseinfluss gilt als Fahren unter Drogeneinfluss und führt zum Entzug des Führerausweises einerseits und einem Strafverfahren andererseits. Im Gegensatz zu Alkohol ergeben sich verschiedene Besonderheiten, auf die hier eingegangen werde soll.

ASTRA-Grenzwert / Nachweisgrenze
Wie bei allen anderen Betäubungsmitteln gilt auch bei Cannabis eine Nulltoleranz in Bezug auf das Führen von Motorfahrzeugen, wie das Bundesgericht erst kürzlich wieder bestätigte (BGer 6B_282/2021). Dennoch gelangt bei Blutproben ein Grenzwert zur Anwendung; bei einem THC-Gehalt von unter 1.5μg/L gilt THC als "nicht nachgewiesen". Anders als bei den bekannten 0.5‰ (bzw. 0.25 mg/l) bei Alkohol handelt es sich aber nicht um einen Wirkungsgrenzwert, sondern um einen Bestimmungsgrenzwert. Liegt der THC-Gehalt in einer Blutprobe bei unter 1.5μg/L, lässt sich die Substanz nicht mehr mit Sicherheit nachweisen. Daher erfolgt in solchen Fällen keine Verurteilung wegen Fahrens unter Drogeneinfluss (wohl aber allenfalls wegen Betäubungsmittelkonsums, sofern dieser in einer Befragung zugegeben wurde) und auch kein entsprechender Ausweisentzug.

Abbaugeschwindigkeit
Bei Alkohol lässt sich einigermassen genau vorhersagen, wie schnell dieser abgebaut wird; die Faustregel lautet 0.1‰ pro Stunde. Wer also den ungefähren Alkoholgehalt seiner konsumierten Getränke kennt, kann grob berechnen, ab wann der Alkohol so weit abgebaut ist, dass man unter der Grenze von 0.5‰ liegt. Bei Cannabis verhält es sich anders. Abgesehen davon, dass der THC-Gehalt der konsumierten Produkte in der Regel unbekannt ist, erfolgt der Abbau höchst individuell. So dauert es ohne weiteres 3-5 Tage, in einigen Fällen aber bis zu mehreren Wochen, bis der THC-Gehalt im Blut unter die Nachweisgrenze von 1.5μg/L fällt. Damit zeigt sich auch deutlich, dass der Einwand "ich kiffe nur am Wochenende" in Bezug auf den Strassenverkehr sinnlos ist, denn der Joint von Samstagabend lässt sich auf dem Arbeitsweg am Montagmorgen auf jeden Fall noch nachweisen, auch wenn von der Wirkung längst nichts mehr zu spüren ist. 

CBD
Im Gegensatz zum Konsum von THC-haltigen Cannabisprodukten ist der Konsum und damit auch das Führen von Motorfahrzeugen nach dem Konsum von CBD-Produkten legal. Jedoch gibt es eine Besonderheit, die weitgehend unbekannt ist: Anders als bei der Auswertung von Blutproben kann bei Urinschnelltests nicht zwischen THC-haltigem Cannabis und CBD unterschieden werden. Anders ausgedrückt: CBD-Hanf zeigt bei Urinschnelltests als Cannabis an. Nun werden bei Verkehrskontrollen im Falle eines Anfangsverdachts immer zuerst Urinschnelltests durchgeführt; nach einem positiven Resultat folgt anschliessend die Blutentnahme und Auswertung der Blutprobe.

Die Auswertung der Blutprobe dauert immer mehrere Wochen. Die Polizei muss Ihnen bei einem positiven Drogenschnelltest den Führerausweis vorsorglich entziehen, auch wenn Sie beteuern, nur CBD konsumiert zu haben. Bis um Vorliegen der Ergebnisse der Blutprobe bleibt der Führerausweis entzogen.

Faktisch bedeutet dies, dass Sie - obwohl Sie gegen kein Gesetz verstossen haben - während mehrerer Wochen auf Ihren Führerausweis verzichten müssen. Gleiches gilt auch, wenn in der Blutprobe ein THC-Gehalt unter der Nachweisgrenze ermittelt wird. Eine Entschädigung für die Umstände, die Ihnen durch den vorsorglichen Führerausweisentzug entstehen, ist im Gesetz nicht vorgesehen.

 

© Saskia August, Rechtsanwältin, 10/2021