Mein Führerausweis wurde mir von der Polizei abgenommen - was nun?

27.10.2021

Ihnen wurde der Führerausweis vorsorglich abgenommen? Hier finden Sie Antworten auf Ihre wichtigsten Fragen und erfahren, wie es im Verfahren weitergeht.

Einleitung

Normalerweise entscheidet das Strassenverkehrsamt* über den Entzug von Führerausweisen. Unter gewissen Voraussetzungen kann die Polizei den Führerausweis allerdings direkt einziehen. In erster Linie betrifft dies Fahren in angetrunkenem Zustand (über 0.8 ‰ bzw. 0.4 mg/l), Fahren unter Drogeneinfluss oder in sonst fahrunfähigem Zustand (inkl. Sekundenschlaf), "Raserdelikte" sowie andere schwerwiegende Verkehrsregelverletzungen.

Wichtig: Ab dem Moment der Abnahme sind Sie nicht mehr fahrberechtigt. Wenn Sie trotz entzogenem Führerausweis ein Fahrzeug führen, machen Sie sich strafbar (Eintrag im Strafregister) und der Führerausweis wird Ihnen hierfür noch einmal entzogen.

 

Was geschieht als nächstes?

Die Polizei füllt ein Formular "vorsorgliche Abnahme des Führerausweises" aus und sendet dies zusammen mit dem Führerausweis unverzüglich an das Strassenverkehrsamt. Das Strassenverkehrsamt wird sich nun in Kürze, in der Regel innerhalb von 2 Wochen, schriftlich bei Ihnen melden. Es teilt Ihnen mit, dass Ihr Führerausweis vorsorglich entzogen wird und dass weitere Entscheidungen getroffen werden, sobald der Polizeirapport und allfällige Laborresultate vorliegen.

 

Wann und wie bekomme ich meinen Führerausweis zurück?

Je nach Arbeitsauslastung und Geschwindigkeit der Polizei und des Labors kann es mehrere Wochen bis sogar Monate dauern, bis die Ergebnisse vorliegen und ein Bericht erstellt ist. Mit sechs bis acht Wochen ab dem Zeitpunkt der Abnahme des Führerausweises sollten Sie durchaus rechnen.

Nach Vorliegen dieser Unterlagen wird das Strassenverkehrsamt eine Entscheidung treffen, wobei Sie vorher eine Frist für eine schriftliche Stellungnahme erhalten. Folgende Entscheide sind anschliessend möglich:

  •  Rückgabe des Ausweises ohne weitere Massnahmen. Dies ist immer dann der Fall, wenn ein Drogenschnelltest positiv, der Bluttest aber negativ ausfiel.
    Achtung: Egal wie sehr Sie der temporäre Verlust des Führerausweises getroffen hat, es gibt für diesen "unnötigen" Entzug weder eine Entschädigung noch werden Ihnen diese Wochen als "Bonus" für eine künftige Verkehrswiderhandlung gutgeschrieben.

  • Verfügung eines zeitlich begrenzten Führerausweisentzuges - der bisherige vorsorgliche Entzug wird dabei angerechnet. Bei den eingangs genannten Widerhandlungen ist von einer Dauer von mindestens 3 Monaten, bei Raserdelikten mindestens 2 Jahren, auszugehen.

  • Vorläufige Rückgabe des Ausweises und Sistierung des Verfahrens (= das Verfahren wird "eingefroren" und pausiert), bis ein Strafurteil vorliegt. Je nach Ausgang des Strafverfahrens müssen Sie den Ausweis zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal abgeben. Diese Variante kann zur Anwendung kommen, wenn der Sachverhalt unklar ist und Sie die Vorwürfe bestreiten - was z.B. bei eindeutigen Laborergebnissen wenig sinnvoll wäre. Normalerweise muss die vorläufige Rückgabe konkret beantragt werden.

  • Weiterführung des vorsorglichen Entzuges und Anordnung eines verkehrsmedizinischen Gutachtens, wenn Zweifel an Ihrer Fahreignung bestehen. Dies ist immer der Fall bei Fahren unter Drogeneinfluss, bei Verdacht auf Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit sowie bei dem Verdacht auf andere gesundheitliche Einschränkungen. Bis das Gutachten vorliegt können je nach Gutachter 4-6 Monate vergehen, weil viele Gutachterstellen lange Wartezeiten haben. Bejaht der Gutachter die Fahreignung, erhalten Sie den Ausweis zurück. Wird die Fahreignung verneint, verfügt das Strassenverkehrsamt den weiteren Entzug Ihres Führerausweises und bestimmt gleichzeitig, unter welchen Voraussetzungen Sie wieder zum Strassenverkehr zugelassen werden können.

In den Fällen der vorsorglichen Abnahme des Führerausweises durch die Polizei ist es empfehlenswert, einen Anwalt beizuziehen, weil es sich nicht um Bagetelldelikte handelt und auch im Strafverfahren empfindliche Strafen zu erwarten sind. Spätestens wenn das Strassenverkehrsamt eine Stellungnahme verlangt, kann ein Anwalt je nach Ausgangslage einiges bewirken.

© Saskia August, Rechtsanwältin, 10/2021

 

* Strassenverkehrsamt meint hier die für Administrativmassnahmen im Strassenverkehr zuständige Behörde. Diese heisst in jedem Kanton anders (z.B. MFK in Solothurn, KAM in Freiburg).