Nachteile befristeter Mietverträge

11.02.2020

Heute herrscht vermehrt die Tendenz, dass Vermieter den Mietinteressenten gerne und ohne besonderen Grund nur noch den Abschluss von relativ kurz befristeten Mietverträgen anbieten. Für den Mieter ist es wichtig zu wissen, dass das Obligationenrecht (OR) bei befristeten Mietverhältnissen praktisch keine Mieterschutzbestimmungen kennt.

Im Einzelnen was folgt:

  • Erstreckung: Da keine Kündigung erfolgt, gibt es keine Möglichkeit zur Kündigungsanfechtung. Möglich ist zwar die Erstreckung (Art. 273 Abs. 2 lit. b OR), aber der Mieter wird über diese Möglichkeit mangels Kündigung durch ein Formular nicht aufgeklärt.
  • Mietzinsanfechtung: Angefochten werden kann nur der Anfangsmietzins (Art. 270 OR), nicht jedoch eine Mietzinserhöhung gestützt auf eine wirksame Indexklausel oder Staffelungsklausel.
  • Ein Mieter, der das Angebot eines befristeten Mietvertrags annimmt, weil er befürchtet, sonst keine Wohnung zu finden, kann faktisch keine Mängelrechte geltend machen, weil er befürchtet, dass der Vermieter den Vertrag nach Ablauf nicht erneuert. Bei einem unbefristeten Mietvertrag kann sich der Mieter gegen eine sogenannte Racheaktion oder gegen eine Kündigung während einer Sperrfrist zur Wehr setzen.
  • Kettenverträge: Gemäss bundesgerichtlicher Rechtsprechung verbietet das Gesetz sogenannte Kettenverträge nicht grundsätzlich. Mit der Aneinanderreihung befristeter Verträge wird der Kündigungsschutz abgeschwächt, weil die Anfechtungsmöglichkeit entfällt. Auch in einem Erstreckungsverfahren ist die Position des Mieters schlechter als bei einem unbefristeten Vertrag, da er bereits lange vor der Beendigung des Mietverhältnisses gehalten ist, sich um ein Ersatzobjekt zu kümmern, obwohl er keine vorzeitige Kündigungsmöglichkeit wie während des erstreckten Mietverhältnisses hat.

Ein befristeter Mietvertrag kann jedoch dann z.B. sinnvoll sein, wenn ein Mieter wegen einer befristeten Arbeitsstelle bloss für einen beschränkten Zeitraum an einem bestimmten Ort wohnen will.

 

© Andreas Imobersteg, Fürsprecher, 02/2020